Forschung: FKRP- und Alpha-Dystroglykan-assoziierte Dystrophie (αDG-RD)
FKRP ist eines der zehn derzeit bekannten Gene (FKRP, Fukutin, LARGE, POMT1, POMT2, POMGnT1, DPM1, DPM2, DPM3, αDG), dessen Veränderung zu einer Alpha-Dystroglykan-assoziierten Dystrophie (αDG-RD) führen kann.
Die Forschung in diesem Bereich konzentriert sich auf beides – das FKRP-Gen im Speziellen und auf die Gruppe von Erkrankungen im Allgemeinen. Hier finden Sie Informationen zu drei geförderten Forschungsprojekten, die die Ursache der Muskelschwäche untersuchen, um daraus eine mögliche Therapie ableiten zu können.
Gentherapie-Studien an Gliedergürtelmuskeldystrophie Typ 2I -(LGMD2I)-Mausmodellen
Dr. Qi Lu aus dem McColl-Lockwood Forschungslabor für Muskeldystrophie am Carolinas Medical Center, hat in zwei Veröffentlichungen den vorklinischen Nachweis dafür erbracht, dass Genersatz-Therapien bei FKRP-Muskeldystrophien therapeutisches Potential haben könnten. In einem Mausmodell mit der Erkrankung konnte er zeigen, dass es möglich ist, mit einem benignen viralen Vektor eine normale Kopie des FKRP-Gens einzuschleusen.
In der letzten Zeit wurden im gleichen Mausmodell die Auswirkungen der Einschleusung von FKRP und vergleichend dem LARGE-Gen miteinander verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass in beiden Fällen Glykosylierungs-Defekte im Mausmodell korrigiert werden. Langzeitstudien sind jetzt erforderlich, um die Wirksamkeit der LARGE-Überexpression für die Verbesserung der Muskelfunktion beurteilen zu können und festzustellen, ob es schädliche Langzeitnebenwirkungen einer LARGE-Gentherapie gibt.
Die Ansätze dieser Studien sind sehr ermutigend und stellen einen ersten Beweis dar, dass zukünftig Gentherapien bei FKRP-assoziierten Muskeldystrophien, z.B. LGMD2I, wirksam sein könnten. Mehrere Labors arbeiten derzeit an diesen Ansätzen, mit dem Ziel in den nächsten Jahren klinische Untersuchungen auf den Weg zu bringen.
Forschungsförderung zur Untersuchung mutierter FKRP-Genvarianten
Der LGMD2I Forschungsfonds, die “Samantha Brazzo Stiftung” und “Cure CMD” finanzieren gemeinsam ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, Medikamente zur Therapie der Mutationen im FKRP-Gen zu finden, die eine normale Proteinfunktion wiederherstellen. Es gibt dazu bislang nur sehr wenige Studien, die Funktion des FKRP-Proteins ist noch nicht ausreichend erforscht. Das Projekt wird von Dr. Sebahattin Cirak am Children's National Medical Center geleitet, dabei wird ein neuer Ansatz für die Analyse der mutierten FKRP-Genvarianten verwendet. Die Identifizierung von hoch selektiven Medikamentenkandidaten könnte die Erprobung zur Prüfung der Wirkung an menschlichen Zellen und FKRP-Mausmodellen möglich machen. Dieses Projekt wird helfen die Funktion des FKRP-Proteins besser zu verstehen und kann zur Identifizierung potentieller neuer Medikamente gegen LGMD2I führen.
Entwicklung neuer Antikörper für Alpha-Dystroglykanopathien
Antikörper werden vom körpereigenen Immunsystem genutzt, um Fremdkörper, wie Bakterien und Viren, zu identifizieren und zu neutralisieren. Der Antikörper erkennt dabei den Fremdkörper an einer sehr spezifischen Struktur und haftet an dieser an. Dieses Projekt konzentriert sich auf die Entwicklung und Charakterisierung von Antikörpern, die normale und veränderte Formen des Alpha-Dystroglykans erkennen können. Solche Antikörper können z.B. auch dazu verwendet werden, um Veränderungen in Muskelbiopsieproben zu diagnostischen und Forschungszwecken zu identifizieren. Das Projekt wird in zwei Zentren in Großbritannien durchgeführt (Dr. Sue Brown in London und Dr. Glenn Morris in Oswestry).
Finanzierungspartner: LGMD2I Forschungsfonds, “Stevenson Familien Fonds” innerhalb von “Cure CMD”.
Entwicklung von AAV-Miniagrin-Protein zur Untersuchung im FKRP-Mausmodell
Mini-Agrin ist ein konstruiertes Protein, das die Anheftung von Muskelzellen an ihre Umgebung unterstützt. In LGMD2I, wie in anderen Muskeldystrophien, ist die Anheftung von Muskelzellen an ihre Umgebung (genannt Matrix) gestört aufgrund des Fehlers im Protein Alpha-Dystroglykan. In menschlichen Zellen von LGMD2I-Patienten konnte gezeigt werden, dass Mini-Agrin die Zellfunktion wieder normalisiert. Das FKRP AAV-Miniagrin-Projekt wird untersuchen, ob Mini-Agrin einen positiven Effekt im Mausmodell erzielt und möglicherweise weiter als potentielle Behandlungsmöglichkeit untersucht werden sollte.
Finanzierungspartner: LGMD2I Forschungsfonds, “Samantha J Brazzo Stiftung”, Stevenson Familien Fonds” innerhalb von “Cure CMD”.
Entwicklung zweier pluripotenter FKRP-Stammzellen-Linien (iPS)
Dieser Prozess ist für die einzelne Zelle so etwas wie eine Reise in der Zeit zurück – sie wird auf ein frühes undifferenziertes Zellstadium zurückgesetzt. Aus diesen sogenannten Stammzellen (iPS) können Gehirn-, Herz- oder auch Skelettmuskelzellen entstehen. Diese Zellen werden zunächst dazu genutzt, um Erkrankungsmechanismen und mögliche Medikamente zu untersuchen. Forscher können dadurch gezielt eine Zellkultur spezifischer FKRP-Zellen behandeln. Später werden dann genetisch behandelte, „korrekte“ Zellen Mäusen mit Dystroglykanopathien injiziert, um festzustellen, ob die genetisch korrigierten Zellen die Krankheit in der Maus behandeln können.
Dies wird das erste Mal sein, dass eine Stammzell-Therapie in einem LGMD2I –Mausmodell getestet wird. Wenn dabei ermutigende Ergebnisse erreicht werden, folgen weitere Tests, um diesen therapeutischen Ansatz ggf. zu einer Behandlung weiterzuentwickeln.
Finanzierungspartner: Cellular Dynamics, Inc., LGMD2I Forschungsfonds, „Stevenson Familien Fonds“ im Rahmen von „Cure CMD“.
Entwicklung von FKRP-Mausmodellen
Von Dr. Sue Brown vom Royal Veterinary College, UK, werden zwei FKRP-Mausmodelle entwickelt, eines mit Beteiligung des zentralen Nervensystems, das andere mit überwiegender Beteiligung der Skelettmuskulatur. Das letztgenannte Mausmodell, bekannt als FKRPMD, wird derzeit genauer charakterisiert
Darüber hinaus haben Wissenschaftler am McColl-Lockwood Forschungslabor für Muskeldystrophie am Carolinas Medical Center, North Carolina, USA, verschiedene Mausmodelle mit Muskeldystrophie mit Mutationen im Fukutin-related Protein (FKRP) hergestellt. Mutationen im FKRP-Gen können zu einer milden bis spät beginnenden Gliedergürtel-Muskeldystrophie Typ 2I (LGMD2I), einer früh beginnenden, schweren Kongenitalen Muskeldystrophie (CMD) oder auch zu einem Walker-Warburg-Syndrom oder der Muskel-Auge-Gehirn-Krankheit mit zentralen und visuellen Einschränkungen führen. Am McColl-Lockwood Labor wurden (unterschiedliche) Mausmodelle mit sich voneinander unterscheidenden Graden der Beteiligung von Skelettmuskulatur, Gehirn und Herz entwickelt. Zwei Mausmodelle, eines mit einer P448L-Mutation und eines mit der L276I-Mutation, könnten eine wertvolle Quelle zum besseren Verständnis der FKRP-Veränderungen sein. Aktuelle Arbeiten mit diesen Tiermodellen werden ihren Wert in präklinischen Medikamentenstudien zeigen.
Der Zebrafisch, eine andere Art von Krankheitsmodell
Von Dr. Jim Dowling, MD, PhD, an der Universität von Michigan konnte vor kurzem ein FKRP-Zebrafisch-Modell hergestellt werden. Dieses Modell wird nun mit zwei anderen, bereits vorhandenen Alpha-Dystroglykan-Dystrophie (αDG-RD)-Zebrafisch Modellen (POMT2, POMGnT1) verglichen. Die Arbeit mit Zebrafisch-Krankheitsmodellen erlaubt Medikamententests im Hinblick auf verschiedene neuromuskuläre Symptome.
Im Focus: LARGE
LARGE ist der Name eines Alpha-Dystroglykan-assoziierten Dystrophie-Gens. Dr. Kevin Campbell, Universität von Iowa, konnte zeigen, dass die Hochregulation von LARGE in Hautzellen von Patienten die Bindung von Alpha-Dystroglykan an Laminin 211 wiederherstellen kann; eine Funktion, die bei Menschen mit einer Alpha-Dystroglykanopathie, einschließlich der FKRP-Dystrophie teilweise verloren geht (Barresi Et al., Nature Medicine (2004) 10: 696-703). In weiteren Arbeiten von Dr. Kanagawa konnte gezeigt werden, dass die Injektion von LARGE-Gen unter Nutzung eines viralen Vektors (als Überträgerstoff) im Fukutin-Mausmodell die Glykosylierung an einem Antikörper mit dem Namen 2H6 verbessert, was die Bindung des Alpha-Dystroglycan an Laminin 211 verbessert (Kanagawa Et al., Hum. Mol Genetic.(2009)18(4): 621 – 631). In mehreren Labors wird derzeit nach potentiellen Wirkstoffen gesucht, die LARGE in Zellen hochregulieren können.
Abgeschlossene Forschungsarbeiten
Magnetresonanz-Bildgebung (MRT) ist ein objektives Instrument, um das Fortschreiten der Gliedergürtelmuskeldystrophie LGMD2I zu quantifizieren.
In einer Magnetresonanztomografie (MRT)- Studie sollte bestimmt werden, welche Veränderungen in der Muskulatur von Patienten mit der Diagnose LGMD2I auftreten, um zu erfahren, ob dieses diagnostische Mittel für die Erfassung des Krankheitsverlaufs verwendet werden kann. Die Studie wurde in vier europäischen Zentren durchgeführt: Newcastle und London, UK; Kopenhagen, Dänemark; Paris, Frankreich.
Der erste Teil der Studie verglich zwei MRT-Techniken um festzustellen, ob sich eine davon besser zur Charakterisierung der Muskulatur eignet und ob es möglicherweise geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Achtunddreißig gehfähige Probanden (19 Männer, 19 Frauen) mit der Veränderung (c.826C>A; homozygot) im FKRP-Gen nahmen teil. Untersucht wurde die Muskulatur von Ober- und Unterschenkel.
Dabei wurde bestätigt, dass die Muskulatur, wie auch in früheren Studien gezeigt, auf der Rückseite des Oberschenkels am stärksten betroffen ist. Hervorgehoben wurde, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen nicht nur in der Verteilung betroffener Muskeln, sondern auch in dem Ausmaß der Schwere des muskulären Umbaus gibt. Das bedeutet, dass die Erkrankung bei Frauen und Männern unterschiedlich ausgeprägt auftreten und fortschreiten kann.
Im zweiten Teil der Studie wollte man herausfinden, welche Art der Magnetresonanztomografie sich am besten eignet, um das Fortschreiten der Erkrankung im Vergleich zu herkömmlichen Messmethoden wie Muskelkraftmessungen, 6-Minuten-Gehtest (6MWD) und Lungenfunktionstest zu beobachten. 12 Monate nach dem ersten wurde ein zweites MRT durchgeführt. Bei allen Patienten wurde das Verhältnis von Fett zu Muskel bestimmt. Die resultierende Abweichung im Zeitverlauf wurde mit der Einschätzung der Veränderung aus den herkömmlichen Messmethoden verglichen.
Im Zeitraum von 12 Monaten zeigte sich bei 9 von 14 Probanden eine deutliche Steigerung des Fettanteils im MRT. Mit keiner der genannten bisherigen Messmethoden konnte im gleichen Zeitraum eine so deutliche Veränderung erkannt werden.
Damit wurde nachgewiesen, dass sich die Magnetresonanztomografie besser als herkömmliche Messverfahren eignet, um Veränderungen in der Muskulatur innerhalb eines kurzen Zeitraumes zu überwachen. Es ist im Vergleich eine nicht-invasive, objektive und vom Patienten unabhängige Methode, die verwendet werden kann, um zu bestimmen, welche Muskeln in welchem Umfang betroffen sind und wie effektiv neue Therapiemethoden bei Patienten mit LGMD2I wirken.
Charakterisierung des FKRPMD-Mausmodells
Unter der Leitung von Dr. Sue Brown wurde ein 2-Jahres Projekt zur Charakterisierung des FKRPMD-Mausmodells und der Prüfung der LARGE-Überproduktion abgeschlossen. Die überraschende LARGE-Überproduktion im frühen Entwicklungsstadium der Maus, bringt neue Erkenntnisse und wirft gleichzeitig neue Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Wir freuen uns auf Dr. Browns Veröffentlichungen zu diesem Thema.